The Age of Trotzdem – Sascha Lobos beste Moves

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Sascha Lobo

Drei postmoderne Dancemoves, zwei Snapchat-Witze und eine gewaltige Portion Trotzgefühl – das ist die Bilanz von Sascha Lobos Rede am Tag 1 auf der re:publica 2016. Ein Minutenprotokoll.

19:47 Sascha Lobo beginnt seine Rede am Tag 1 auf der re:publica 2016 mit Ironie: "Ich halte 60 bis 80 absurd hoch bezahlte Vorträge jährlich. Das ist der einzige, vor dem ich Angst habe". Dann gibt er zu, dass das gelogen war. Hat er das wirklich? Man weiß es nicht. Doppelte Ironie in der ersten Minute – das ist Sascha Lobos postmoderner Dancemove Nummer 1.

19:49 Zum Auftakt macht Lobo sich über den Titel seines eigenen Vortrags lustig: "The Age of Trotzdem." Wie kam der zustande? "Betrunkene Ausgedachtheit!", erklärt er.

19:54 Wenn schon die CSU Snapchat benutze, so Lobo, gibt es dann überhaupt noch die alte Unterscheidung Blogger und Nicht-Blogger oder sind nicht einfach alle digital? Seine Antwort: "Es ist völlig unmöglich geworden, sich allein durch die Verwendung einer Internet-Software überhaupt von irgendjemandem zu unterscheiden."

19:56 Ein Snapchat-Witz für zwischendurch: "Wir halten uns für eine digitale Avantgarde, weil wir noch viel früher als alle andere Snapchat nicht verstanden haben."

19:58 Nach einer Viertelstunde wird es melancholisch. Früher hätten Blogger noch glauben können, mit ihren Artikeln etwas Durchschlagendes zu bewirken und die Welt zu verändern. Diese Hoffnung sei erloschen.

20:01 Trotzdem ruft Sascha Lobo zum Optimismus auf. Man müsse optimistisch sein, was das Netz angeht. Optimistisch, was die Gesellschaft angeht. Auch wenn es keinen Grund dafür gebe. Der einzige Grund für Optimismus ist Lobo zufolge ein reines Trotzgefühl, ein unermüdliches "Trotzdem!". Wenn Lobos Rede ein Rap-Song ist, dann ist dieses "Trotzdem" seine Hook-Line.

20:03 Lobo wird zum Einpeitscher und fordert das Publikum auf, mit ihm zusammen "Trotzdem!" zu brüllen. "Ich fürchte, hier kippt die Keynote in einen unangenehmen Mitmach-Vortrag", kommentiert er. Und ruft zum Trotz: "Drei, zwei, eins: Trotzdem!" Klappt auch ganz okay.

20:04 Ein Hauch von Massenbewegung liegt über der re:publica, als die Zuschauer – zunächst zaghaft, dann lauter – die "Trotzdem!"-Rufe erwidern. Das "Trotzdem" ist Lobos postmoderner Dancemove Nummer 2.

20:12 Sascha Lobo redet sich in zynische Stimmung. Angetrieben vom digitalen Trotzgefühl nimmt er sich Zeit für ein minutenlanges Bashing der digitalen Infrastruktur Deutschlands.

20:23 Noch ein Snapchat-Witz für zwischendurch. "Die Verwendung von Snapchat macht mich 25 Jahre jünger", sagt Sascha Lobo. Zitierfähig, wie so oft.

20:27 Im Remix-Stil cruist Sascha Lobo durch sein Œuvre und zaubert Thesen über die digitale Gesellschaft hervor. Eine der schönsten ist diese hier: Die digitale Wirtschaft wandelt sich Lobo zufolge zum Plattform-Kapitalismus – einem Kapitalismus, in dem Plattformen wie Uber die Regeln des Markts umbiegen. Was das genau heißt, schreibt er hier.

20:36 Zehn Minuten vor Ende des Vortrags reißt Sascha Lobo die Mauer zwischen Online- und Offline-Welt ein – mit einer gewagten These. "Pegida", sagt Lobo, "ist nicht mehr als eine Offline-Online-Community." Was sich früher als Hass im Netz getummelt habe, sei durch Pegida nun Teil der wirklichen Welt geworden. Sein Fazit: online ist offline und offline ist online. Dekonstruktion von Gegensätzen, das ist Lobos postmoderner Dancemove Nummer 3.

20:49 Am Ende wird Lobos Zynismus von Euphorie verdrängt. Plötzlich scheint wieder alles möglich – selbst die Utopie, nach der Blogger die Welt verändern können. Mit diesem Aufruf an alle Medienpeople schließt Lobo seine Rede ab: "Ich möchte Euch dazu drängen, unternehmerische Aktivisten zu werden. Damit die Generation nach uns in einem menschenwürdigeren Internet lebt." Let’s do business!

Foto: re:publica/Gregor Fischer (CC BY 2.0)

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