Gottes Unkrautvernichtungstrupp

sarah_roberts.jpg

Sarah T. Roberts

Das Panel zum Thema "Commercial Content Moderation  – Die Müllabfuhr im Internet" startete mit der Rednerin Sarah T. Roberts von der Universität Western Ontario, Kanada. Als Moderatorin von Online-Inhalten (CCM = Commercial Content Moderator) zählt sie zu den unsichtbaren Gatekeepern des Internets. Ihr Job ist es, bestimmte Inhalte aus sozialen Medien zu löschen: Gewalt, Pornografie und andere Materialien, denen Unternehmen wie Google, Facebook oder Twitter keine Plattform bieten wollen.

Obwohl viele CCMs täglich mit grauenvollen Bildern und Videos konfrontiert würden, bekommen sie wenig Geld, können jederzeit entlassen werden und erhalten keine psychologische Unterstützung. "Diese Arbeit ist glanzlos, eintönig und gefährdet die psychische Gesundheit der Menschen", sagt Roberts. Sie fährt fort: "Die CCMs schützen die Marke des Unternehmens. Aber die Unternehmen reden nicht über ihre CCMs und zwingen sie, Geheimhaltungsverträge zu unterschreiben." Und noch einen Punkt prangert Roberts an: Die Unternehmen unterstützen politische Agenden: "Ein großes Silicon-Valley-Unternehmen, das sie wahrscheinlich gerade alle nutzen, hatte nichts einzuwenden gegen Inhalte aus syrischen Kriegsgebieten. Aber Videos zur Gewalt in Mexiko, im Zusammenhang mit dem Kampf gegen Drogenkartelle, wurden gelöscht."

Regisseur Moritz Riesewieck berichtete von seiner Recherche über eine CCM-Firma auf den Philippinen: "Schmutzig wird man nicht vom Bildermüll, zumindest nicht sichtbar. Aber er hinterlässt Spuren", so Riesewieck. Die "digitale Müllabfuhr", wie er die CCMs nennt, sei vor allem aus einem Grund auf die Philippinen ausgelagert: 95 Prozent der Bevölkerung sind katholische Christen. Die Religion werde missbraucht, sagt Riesewieck. "Von wegen CCM. Nee, nee. Was wir da erleben, ist Gottes Unkrautvernichtungstrupp."

Und eine Lösung des Problems? Vorschläge dazu gab es bisher nicht, auch nicht auf dem Panel. Die Website von Sarah T. Roberts stellt das Ziel ihrer Forschung vor: Das sei, die Politik dazu zu bewegen, sich darum zu kümmern. Und auch Moritz Riesewieck stellte bisher keine konkreten Alternativen vor: Von der taz damit konfrontiert, dass irgendjemand den ganzen Müll ja aus dem Netz filtern müsse, stimmte er zu. Aber "wenn wir schon die Bilder nicht sehen, sollten wir uns wenigstens die Hintergründe anschauen", kommentiert er.

Foto: re:publica/Gregor Fischer (CC BY 2.0)

Speaker: 

Tags: