Jahresrückblick Social-Media-Recht

Nazi-Fotos, Benatias Lohnzettel und Ziegen sorgten im vergangenen Jahr nicht nur für Aufruhr in den sozialen Medien, sondern auch in Anwaltskanzleien. Im Jahresrückblick auf der MEDIA CONVENTION Berlin nahmen die Medienanwälte Thorsten Feldmann und Henning Krieg die wichtigsten Missverständnisse und Neuerungen mit Witz und Bullshit-Bingo auseinander.

 

Hier sieben Highlights:
1. Nazi-Fotos – auch nach mehreren Jahren kann man noch abgemahnt werden
Wer Fotos von Personen postet, muss sowohl das Urheberrecht ("Ist der Fotograf einverstanden?") als auch das Persönlichkeitsrecht ("Ist die abgebildete Person einverstanden?") beachten. Wird nur eins von beiden missachtet, darf das Bild nicht mehr verbreitet werden. Das gilt auch für Bilder, die schon von anderen geteilt wurden. Für einen Twitter-User ging ein solcher Fall unglücklich aus: 2012 hatte er das bekannte Hitlergruß-Bild der Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen gepostet, das einen Mann in eingenässter Jogginghose zeigt. Drei Jahre später wurde der User mit 128 Euro abgemahnt. Seinen Tweet sahen damals nur 23 Leute.

2. #foodporn – keine Angst vor Sushi
Für Irritationen sorgte ein Artikel in der Welt im August 2015. Darin hieß es, dass das Fotografieren von Essen teuer werden könne. Schließlich könnten aufwändig arrangierte Speisen genauso geschützte Werke sein wie etwa eine Skulptur. "Das ist Panik-Marketing in reinster Form", erklärt Thorsten Feldmann. Ihm sei kein Urteil in dieser Richtung bekannt. Hennig Krieg ergänzt: "Bitte keine Screenshots aus Videos, keine Kunstwerke ohne Erlaubnis des Künstlers, aber keine Angst vor Sushi."

3. Der Lizenzhinweisgenerator – ein Tool für Fotocredits
Ob und wie man fremde Bilder verwenden darf, zeigt seit Anfang 2016 das sperrig klingende Tool "Lizenzhinweisgenerator". Einfach den Link eines Wikimedia-Bildes in das Tool kopieren und schon sagt es, wie die Fotografin oder der Fotograf heißt, ob sie oder er namentlich genannt werden möchte, oder ob sogar der Link zum Originalbild hinzugefügt werden muss. Wer nicht richtig zitiert, kann mit bis zu 8.000 Euro abgemahnt werden.

4. Rabaukenjäger – ein kurioses Urteil
Von einem eigenartigen Gerichtsurteil berichtete vergangenen November der Nordkurier. Ein Jäger hatte 2014 ein geschossenes Reh an seiner Anhängerkupplung gebunden und nach Hause gezogen, der Journalist bezeichnete ihn daraufhin als "Rabaukenjäger". Das Neubrandenburger Landgericht stufte die Aussage als "maximale Verunglimpfung bei minimaler Tatsachenlage" ein und verurteilte den Journalisten zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro. "Ein klassisches Fehlurteil", kommentiert Henning Krieg.

5. Die Sache mit den Ziegen – wichtig ist der Kontext
Ob Böhmermanns Aussagen über Erdogan nun Satire oder Schmähung waren, wurde auf der Bühne und im Publikum kontrovers diskutiert. "Man kann beide Standpunkte vertreten", meint Thorsten Feldmann. Die Zuschauer waren ebenso hin und hergerissen. Etwa ein Fünftel empfand den Beitrag als unzulässige Beleidigung, der Rest sah ihn als Satire. "Wichtig ist auch hier der Kontext", stellte Feldmann heraus, "und der beginnt streng genommen schon eine Woche vor der Ausstrahlung des Beitrags."

6. Xavier Naidoo – warum peinliche Videomontagen manchmal rechtens sind
Zwei virale Videomontagen haben in den vergangenen Monaten für Lacher gesorgt. Die eine zeigt Xavier Naidoo, der keine Antwort auf die Frage nach seiner ESC-Kandidatur wusste, die andere zeigt Frauen, die beim Anblick des RTL-Bachelors kreischten. Beide Montagen stellten die abgebildeten Personen zwar unvorteilhaft dar, allerdings wurde vom Zitatrecht Gebrauch gemacht. Und die Bildrechte lagen beim Sender, nicht bei den Einzelpersonen oder der Videoplattform. Die von Naidoo zunächst durchgesetzte Entfernung von Youtube (Youtube nennt das "Strike") war daher unzulässig und musste am Ende zurückgenommen werden.

7. Benatias Lohnzettel – ein Fall für die Polizei
Großen Ärger bekam die Person, die Anfang 2016 unberechtigterweise den Gehaltszettel des Fußballspielers Mehdi Benatia abfotografierte und auf Whatsapp verbreitete. Spielergehälter sind in Deutschland streng geheim. Juristisch problematischer als die Veröffentlichung des Gehalts war jedoch die Veröffentlichung der vertraulichen Informationen, die ebenfalls sichtbar waren. So konnte man die Privatanschrift, die Steuernummer und die Kontonummer des Spielers ablesen. Als Faustregel gilt: Auch Whatsapp ist ein öffentliches Medium. "Als Öffentlichkeit kann alles zählen, was mindestens zwei Personen beinhaltet, die keinen gesteigerten sozialen Kontakt pflegen", erklärt Thorsten Feldmann.

Foto: MEDIA CONVENTION Berlin/Uwe Völkner

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