Die Macht der Bilder

Die Veröffentlichung eines Fotos von einem toten Baby durch die Bild-Zeitung sei laut der zuständigen Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) ein Verstoß gegen die Würde des Menschen. Im MEDIA CONVENTION Berlin-Panel "Die Macht der Bilder" diskutieren Bild-Online-Chef Julian Reichelt und KJM-Vorsitzender Andreas Fischer zusammen mit WissenschaftlernInnen über den Fall.

Im September 2015 veröffentlichte Bild-Online eine Reihe von Bildern, von denen ein Foto für Aufregung sorgte: Es zeigt ein totes Baby, das höchstwahrscheinlich durch das Giftgas Sarin starb, das Syriens Präsident Baschar al-Assad eingesetzt haben soll. Die "Bild-Zeitung" titelte: "Habt ihr diese Bilder schon vergessen?" Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) bezeichnete die Veröffentlichung als einen Verstoß der Menschenwürde. Diese Veröffentlichung stand im Zentrum einer Debatte auf der MEDIA CONVENTION Berlin bei der es allgemein über Menschenwürde und Pressefreiheit im Fotojournalismus gehen sollte.

Tatsächlich lieferten sich Bild-Online-Chef Julian Reichelt und der KJM-Vorsitzende Andreas Fischer einen Schlagabtausch, bei dem Fischer seine bisherige Position teilweise revidierte: "Natürlich darf die Bild-Zeitung Assad als Teufel bezeichnen." Außer der Veröffentlichung des Fotos hatte der KJM auch diese Bezeichnung des syrischen Präsidenten bei der Entscheidungsbegründung kritisiert.
Reichelt konnte nicht verstehen, wieso die Veröffentlichung ein Verstoß gegen die Menschenwürde sei. Er zeigte sich empört und will - wenn nötig - bis zum Bundesverwaltungsgericht ziehen: "Ich bin fassungslos, wir gehören nicht in diese Kategorie der Kriegsverbrecher." Er argumentiert, dass die Verletzung der Menschenwürde nicht vom Fotografen oder der Redaktion begangen worden sei. "Wir zeigen, was wir für relevant halten." Das sei das einzige Kriterium für die "Bild".

Die Relevanz ist aber nicht das einzige Kriterium für die Veröffentlichung von Bildern, wie Ino Augsberg von der Christian-Albrechts-Uni Kiel und Stephanie Geise von der Universität Erfurt auf dem Podium klarstellten. Ein Mensch dürfe nicht zum Objekt für eine Kampagne verkommen, sondern müsse immer Subjekt sein. Die Art und Weise der Darstellung sei für den Kontext entscheidend. Die Präsentation und Auswahl des strittigen Bildes findet Reichelt angemessen, das Foto sei keine erneute Herabwürdigung des Kindes. Die KJM sieht das anders und will das Bild löschen lassen. Für die Bild ist das ein Verstoß gegen die Pressefreiheit. Ein Gericht wird Menschenwürde und Pressefreiheit im konkreten Fall nun abwägen müssen.

Foto: MEDIA CONVENTION Berlin/Uwe Völkner

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