Am Tag 3 der re:publica TEN wurde die Bühne 8 vom "FinTech"-Track bespielt. Die TeilnehmerInnen hatten die Gelegenheit, sich über Bitcoin und Blockchain-Technologien zu informieren und zu erfahren, wie der Einsatz von neuen Technologien im Finanzbereich die bestehenden Machtstrukturen verändert.
Der Track startete mit einem Eröffnungstalk von Elias Haase und Jaya Klara Brekke zu “The blockchain: a crash course and challenging consensus”. Sie lieferten NeueinstigerInnen zu Blockchain grundlegende Kenntnisse zur Technologie und warum sie so wichtig ist. Elias und Jaya konzentrierten sich auf vier Hauptthemen: Technische Einführung zu Blockchain, Hauptakteure in der Blockchain-Szene, “Smart Contracts” und dezentralisierte und selbständige Organisation und die sozialen und ethische Auswirkungen von Blockchain.
Eine der wichtigsten Innovationen im Fin(anz)-Teil von FinTech war Crowdfunding: Die Öffentlichkeit kann Projekte finanzieren, die ihrer Meinung nach wertvoll sind. Traditionelle Investitionsmodelle werden dabei übersprungen. In seinem Talk “Using crowdfunding data to predict venture capital investments and city innovation” befasste sich Jermain Kaminski mit der Frage, ob Trends im Bereich Crowdfunding ein Indiz dafür sein können, wo Risikokapital-Investitionen als nächstes andocken. Laut seinen Analysen und Forschung lässt sich da tatsächlich einen Zusammenhang erkennen: Im Durchschnitt zeige, so Kaminiski, Risikokapital vier bis sechs Monate nach dem ersten Hype ein verstärktes Interesse an Crowdfunding-Kampagnen. Die Analyse von erfolgreichen Crowdfunding-Projekten in verschiedenen Städten gebe ihm auch Einsichten in die Wertvorstellungen der jeweiligen Bevölkerungen und sei eine Methode, um die “kreative Kapazität” einer Stadt zu messen.
Kann ein Affe im Aktienmarkt erfolgreicher sein als ein Mensch? In den 1970er-Jahren erklärte der amerikanische Finanzprofessor Burton Malkiel, dass ein Affe, der zufällig Aktien auswählt, an seinem Portfolio genau soviel Geld verdienen könnte wie ein professioneller Investor. Florian Schweitzer griff diese These in seinem Talk “Der Affe des Herrn Malkiel” auf. Schweitzer programmierte ein automatisiertes Computerprogramm, das Aktien auf einem Bitcoin-basierten Aktienmarkt handelt und im Monat über eine Million Euro Umsatz macht. Er zeigt jedoch auch auf, dass der Einsatz von Robotern und ein automatisierter Finanzhandel auch erhebliche Risiken mit sich führen können: zum Beispiel mögliche intransparente und korrupte Handlungen zwischen ProgrammierInnen und wichtigen MarktteilnehmerInnen oder auch eine plötzliche Destabilisierung von Märkten durch sehr rasches, koordiniertes Handeln durch Roboter.
Geld wird ohne Banken getauscht, Unternehmen verlaufen reibungslos ohne ManagerInnen, Länder ohne politische Parteien ... Hört sich alles fantasievoll an, das gibt Shermin Voshgmir auch in ihrem Talk “Blockchain, Smart Contracts & The Future of Democracy” zu. Je mehr die Kapazitäten von Blockchain-Technologien erforscht und entwickelt werden, desto schneller könnten diese Fantasien zu Realität werden. So etwa sind Geldwechselgeschäfte mit Bitcoin und Krypto-Währungen bekanntermaßen bereits ganz ohne Banken machbar. Ein zentraler Aspekt von Blockchain ist die Dezentralisierung: Zwei Personen können eine Transaktion durchführen, ohne auf eine dritte Person mit einem zentralen Depot – etwa eine Bank mit Datenservern – angewiesen zu sein. Traditionelle Vertrauensmodelle, die seit Jahrhunderten Inter- und Transaktionen untermauern, werden neu gestaltet. Anstatt darauf zu vertrauen, dass zentrale Institutionen die Vereinbarungen zwischen zwei Seiten durchsetzen, können NutzerInnen direkt auf das Blockchain-Protokoll setzen und dem dezentralisiertem Netzwerk vertrauen. Da sich Blockchain stets weiterentwickelt, kann es stets an individuelle Nutzungen angepasst werden. Das bringt eine zentrale Frage mit sich: Wie wollen wir den Blockchain-Algorithmus definieren, der vielleicht in Zukunft an unsere Gesellschaft gebunden sein wird?
Die Diskussion um Blockchain und der Einfluss dieser Technologie auf die Demokratie und demokratische Partizipation wurde von Blockchain-ExpertInnen Shermin Voshgmir und Vinay Gupta und den zwei ModeratorInnen Boris Moshkovits und Andrea Bauer im Panell “Blockchain and the future of governance. Let’s overcome the hype and understand what can be done” weitergeführt. Anstatt sich mit der grundlegenden Blockchain-Technologie zu befassen, drehte sich die Debatte um die Implementierung von Blockchain in die Gesellschaft. Blockchain könnte etwa ein System für eine globale Regierung schaffen. Man kann sich eine Zukunft vorstellen, in der jeder Mensch mit seiner individuellen und geprüften Blockchain-Identität für oder gegen etwas stimmen könnte. Dieses System könnte Druck auf nationale Regierungen ausüben, um deren Herangehensweisen an den globalen Konsens anzugliedern. Diese Nutzung von Blockchain sei natürlich noch völlig neu und stelle unbekanntes Terrain da. Selbst die möglichen Gefahren von der Übergabe von Wahl- und Finanzprozessen an “Smart Contract”-Technologien und -Algorithmen seien noch undurchschaubar. Das Fazit: Letzten Endes ist Blockchain noch eine sehr junge Technologie, die sich sicherlich über die nächsten Jahre noch verändern wird und sich der Nutzung von UserInnen anpasst.
Bildnachweis: re:publica/Jan Zappner (CC BY 2.0)