Der Algorithmus hört mit: Big Data vs. Arbeitnehmer

Big Data – zeitgemäß oder gefährlich? Beim Talk "Big Data und Arbeitnehmer: Zwischen Selftracking und Corporate Panopticon" in unserem Themen-Schwerpunkt "Work" diskutierten Andrea Kocsis von ver.di und der Quantenphysiker Andreas Dewes, moderiert von Berater und Forscher Johannes Kleske, an Tag 3 über Datenspeicherung am Arbeitsplatz. 

Der Algorithmus ist der neue unbeliebte Kollege im Büro. Er oder sie wertet Arbeitsprozesse aus, optimiert sie – und sammelt dabei fleißig Daten der ArbeitnehmerInnen. Wie das zu bewerten ist, das diskutierten die beiden Talk-Gäste.

Algorithmus mit Vorurteilen

Algorithmen scheinen die Fehler ausbügeln zu können, die Menschen bei Entscheidungen treffen. Doch das stimmt nicht, sagt Andreas Dewes. "Algorithmen treffen nicht automatisch faire Entscheidungen", sagt er. "Sie sind wie Kochrezepte für Computer." Und die Zutaten für das Rezept wählt der Mensch aus. Denn Algorithmen treffen ihre Entscheidungen auf Grundlage von Daten, mit denen Menschen sie anfangs trainieren. Wenn man einen Personal-Algorithmus also nur mit Daten von weißen, männlichen Angestellten anlernt, wird er auch in Zukunft nach diesen Dateneingaben auswählen. Und vermutlich keine schwarzen BewerberInnen einstellen. Andreas Dewes gefällt die Idee, eine Art "Algorithmen-TÜV" einzurichten – eine unabhängige Instanz, die Algorithmen hinterfragt.

Roboter bei der Arbeit

Dabei bieten Robotik und Big Data auch Chancen für ArbeitnehmerInnen. Die Technik kann stupide oder körperlich anstrengende Arbeiten erledigen: Ein Logistikunternehmen führte etwa Datenbrillen ein. Statt Listen mit Lagerregal-Nummern in der Hand halten zu müssen, zeigte die Brille Arbeitnehmern den Weg. "Die Beschäftigten fanden das super, weil sie jetzt eine Hand frei haben", sagt Andrea Kocsis. Allerdings besteht auch immer die Gefahr, dass damit Arbeitsplätze verloren gehen.

Der gläserne Arbeitnehmer?

Paketzusteller werden mit GPS geortet, damit Kunden und Kundinnen wissen, wann die Lieferung ankommt. Amazon-Angestellte bekamen etwa Mahnungen, wenn sie 30 Minuten am Tag ineffektiv waren, also etwa auf die Toilette gingen. Diese Fälle benannte Dewes als Beispiele für Überwachung am Arbeitsplatz. Er warnte davor, 100 Prozent Produktivität von den Angestellten zu fordern. "Wenn jemand nicht immer produktiv ist, kann ihm das auch helfen, ausgeglichen zu bleiben und langfristig bessere Arbeit zu machen", so Dewes.

Speaker: 

Title

Hans Böckler Stiftung

Tags: