Die digital Pubertierenden

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Author Friedemann Karig

Für Friedemann Karig ist die Digitalisierung für die Gesellschaft so einschneidend wie das Erwachsenwerden. In seinem Talk "Die pubertäre Gesellschaft und das Netz" zum Themen-Schwerpunkt #Hatespeech spricht er über die Überforderung der Menschen mit diesem Wandel.

"Mit der Gesellschaft stimmt etwas nicht", beobachtet Friedemann Karig. Sie sei dauernervös, hysterisch, empfindlich, verunsichert, ständig am Empfangen und am Senden. Doch nicht nur die Anzahl an Informationen steige. "Mit dem quantitativen Wachstum des Internets wachsen auch die qualitativen Dimensionen."

So seien Missverständnisse im Netz ein großes Problem, vor allem wenn Bilder falsch eingeordnet würden. Daher appellierte Karig an seine Zuhörer: "Die Dimension 'Echtheit' ist sehr wichtig und wir müssen sie immer mitprüfen." Bilder zeigten nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit, und diese werde nun mal auch instrumentalisiert.

Was hat das alles mit Pubertät zu tun? "Wir alle sind eigentlich Pubertierende", sagt Karig. Mit der Digitalisierung seien die Menschen ebenso überfordert wie Teenager mit ihren Hormonen. Die Gesellschaft habe mit einer neuen Sichtbarkeit im Netz zu tun. "Was früher in der Nische geblieben wäre, wird nun diskutiert."

Das Wachstum an Online-Informationen auch mehr Konflikte hervor. Die Menschen befänden sich in einem Zustand der Dauerempörung, so Karig. In seinen Augen werde die Welt jedoch nicht schlechter, sondern besser. "Manchmal wird uns nur der Blick dafür verstellt." Und so empfinden viele Menschen eine permanente innere Unruhe. Doch wie lässt sich dieser Zustand verändern? Durch körperliche, emotionale, geistige Reife, laut Karig. Und manchmal helfe es, Bilder einfach umzudrehen. Da hänge die Fledermaus nicht mehr von der Decke runter, sondern tanze aufrecht.

"Die Pubertät ist die Geisterbahn auf dem Jahrmarkt des Lebens", sagt Karig. Sie sei ein Abenteuer, durch das die Gesellschaft im Netz durch müsse. Als Belohnung komme dann die Reife.

Foto: re:publica/Gregor Fischer (CC BY 2.0)

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