Der erste re:cord Musicday!

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Tangowerk performing at the Berlin Music Commission – Backstage reception that served as launch of the re:cord Musicday; credit: re:publica/Jan Zappner (CC BY-SA 2.0)

Musik und Digitales sind eng verflochten und das nicht erst seit Kurzem. Das war für uns Grund genug für den ersten re:cord Musicday, der letzte Woche erstmalig auf der re:publica 2015 stattfand. Big Data, Streaming-Dienste, Open Source und mehr wurden am 7. Mai 2015, dem dritten und letzten Tag der Digitalkonferenz, diskutiert. Für alle, die nicht dabei sein konnten, bieten wir eine kurze Zusammenfassung. Ihr wollt noch einmal in die Talks hineinhören? Unser Partner Voice Republic biete euch alle Sessions als Audio-Podcast hier an.

Den Auftakt machte Rainer Henze mit "The UX of Music". In seinem Talk plädierte er für ein Open-Source-Musiksystem, das ein anpassbares User Interface bietet und mit offenen Metdadaten arbeitet. Denn nur so, glaubt Henze, wird die User Experience von digitaler Musik für Liebhaber wieder wertvoll. Momentan erinnern aktuelle Streamingdienste "an Exceltabellen" und das hätte wenig mit Musikliebe zu tun.

Michela Magas zum Thema "Music Tech"; Credit: re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0)

 

Aufschlussreiche Einblicke gewährte auch der Vortrag "Pop will eat itself" von Georg Martin Butz im Anschluss. Grundfrage des Talks war "Is everything a remix?", mit der Butz auf das "Musikmachen mit Musik“ anspielte, das in jeder Periode und Tradition eine Rolle gespielt hat. So gibt es beispielsweise Parallelen von verschiedenen Musikstücken aus unterschiedlichen Epochen, Mönchschöre können sich später durchaus in einem Hollywood-Soundtrack wiederfinden. Dabei ging es dem freien Radioautor nicht darum, 750 Jahre Musikgeschichte aufzurollen, sondern anhand der Entwicklung aufzuzeigen, dass oftmals viele Werke vorschnell als Plagiate abgetan werden.

Auf große Begeisterung stieß auch das Panel "Spotify, Deezer und Co. – Warum die Nutzer Streamingdienste lieben und Musiker sie verfluchen". Es diskutierte Lutz Knappmann (stellvertretender Chefredakteur, süddeutsche.de) mit Marie-Luise Heimer (Senior Label Relations, Spotify), Michael Bartle (Head of Music, Bayerischer Rundfunk/Zündfunk), Maurice Summen (Musiker und Labelbetreiber, Staatsakt) und Florian Drücke (Geschäftsführer, Bundesverband Musikindustrie). Während Maurice Summen sich noch nicht vorstellen konnte, wie Streaming-Dienste den sinkenden Verkauf von CDs ausgleichen können, bemerkte Marie-Luise Heimer, dass der Anspruch grundsätzlich falsch sei, von Streaming-Einnahmen leben zu können, sie aber durchaus einen Mehrwert für den Künstler erzielen. Als Beispiel nannte die Spotify-Managerin den Country-Popstar Taylor Swift, die zum Verbreiten ihrer Musik nicht länger mit dem Streaming-Anbieter zusammenarbeitet. Obwohl Taylor Swift 70 Millionen Fans auf dem sozialen Netz Facebook hat, haben nur 8 Millionen ihr letztes Album gekauft. Die restlichen 62 Millionen Fans seien, so Marie-Luise Heimer, nach Swifts Ausstieg aus Spotify zum Peer-to-Peer-Netzwerk BitTorrent und zur Plattform YouTube gewechselt. Da würde sie aber noch weniger Einnahmen erzielen. Doch Labelbetreiber Maurice Summen hielt weiterhin dagegen: "Labels profitieren weitaus mehr von Streaming-Diensten als Künstler."

Das Panel zum Thema "Spotify, Deezer and Co"; Foto-Credit: re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0)

 

Weiter ging es mit Erheiterndem auf dem re:cord Musicday: Viel gelacht wurde bei Kevin Schramms Vortrag. Er diskutierte, wie Big Data die Musik verändert und stellte seine Analyse vor, welcher Musiker den größten deutschen Rap-Wortschatz nutzt. Für seinen Talk hatte er im Vorfeld viel recherchiert und sich mit Künstlern, Musikmanagern und Labelbetreibern unterhalten. Dabei wollte er herausfinden, wie Daten in der Musikindustrie eingesetzt werden. Schramm präsentierte verschiedene Aspekte beim Einsatz von Big Data, etwa bei der Prognose des Hit-Potentials von Songs. Als Beispiel führte er die App Shazam an, die Songs erkennt und durch die Aggregation aller Anfragen zukünftige Hits vorhersagen kann. Wie verändert also Big Data die Musik? Künstler werden schneller entdeckt und haben deswegen möglicherweise weniger Zeit, sich zu entwickeln. Auch wird möglicherweise die Musik glatter, da eine Software immer minutiöser ermitteln kann, an welcher Stelle der User innerhalb des Songs aufhört, weiter zuzuhören.

"Die Urheberrechte in der Musikindustrie müssen gelockert werden!" forderte Michela Magas, Gründerin des "Music Tech Fest" in Stockholm, in ihrer Keynote. Denn nur dadurch bestehe eine echte Chance für neue Geschäftsmodelle in diesem Bereich. Zudem soll mit einer solcher Lockerung auch das Interesse der "Gunks" (Punks und Geeks) geweckt werden, die als kreative Tüftler Freude am experimentieren und entdecken hätten. Die Musikmanagerin findet, dass diese Form der Innovation in der klassischen Musikindustrie in den letzten Jahren untergegangen sei.

Die Italo-Pop-Band Itaca beim Konzert auf der Schlagerlyrik-Gala; Credit: re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0)

 

Der krönende Abschluss des ersten re:cord Musicdays der re:publica 2015 war die Schlagerlyrik-Gala mit Italo Pop. Es wurde Bingo gespielt, gesungen und Ramazotti, Lambrusco und Tequila für das Publikum ausgegeben. Die Zuhörer spendeten um die Wette, um eine Original-CD der Single "Eins, Zwei, Polizei" des 1990er-Dance-Projekts "Mo-Do" zu ergattern. Der Erlös ging an das Hamburger "Lampedusa"-Projekt und die Wett-Show wurde von der Berliner Italo-Pop-Band "ITACA" untermalt.

Das war ein grandioser Auftakt für re:cord Musicday und sicherlich nicht der letzte auf der re:publica! Das Publikum wie auch die Speaker waren hellauf begeistert. Doch das war nur ein Vorgeschmack auf die vielen interessanten Themen und Vortragenden zum Thema. Da geht noch viel mehr – wir freuen uns auf die #rp16!

 

Bilnachweis ganz oben:re:publica/Jan Zappner (CC BY-SA 2.0)

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