re:learn – Technik für die Bildung

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How does the future of education look like? Photo credit: re:publica/Jan Zappner (CC BY-SA 2.0)

PädagogInnen, Techies, Kinder und Erwachsene mehrerer Generationen und Nationen diskutierten beim re:learn-Themenstrang über die Verbindung von (Schul-)Bildung mit Technik. Grundtenor aller Sessions war eindeutig: Wir brauchen mehr Vertrauen in neue Technologien und den Mut, diese im Kontext des Lernens einzubringen. Aber auch eine kritische Haltung sei erstrebenswert, damit wir uns nicht in einem totalüberwachten Bildungssystem wiederfinden. Übermäßig Beschützen sei aber sicher nicht der richtige Weg.

Deutlich machte das Alexandra Quiring-Tegeder in ihrem Vortrag zu programmierenden Kindern. Statt immer nur zu überlegen, wie wir Kinder vor der angeblichen Gefahr der digitalen Welt schützen können – meistens gäbe es in der Schule nur Aufklärungsunterricht durch die Polizei à la "Stellt keine Fotos von euch auf Facebook!" –, sei es wichtiger, den Spaß am Programmieren zu vermitteln und Kinder schon früh an dieses Thema heranzuführen. Der größte Widerstand käme vor allem von Seiten der Lehrer und Eltern, die selbst unsicher im Umgang mit diesem Thema sind. Die Angstschwelle könne beispielsweise durch die Verwendung einfacher – und vor allem deutscher Wörter – herunter gesetzt werden.

Daniel Seitz stellt die Lange Coding-Nacht vor; Foto-Credit: re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0)

Auch in der Session "Code+Ethik= <3" von Maria Reimer, Paula Glaser und Daniel Seitz wurde noch einmal deutlich gemacht, dass Programmieren eine Kernfähigkeit werden wird, um die Welt zu gestalten. Die Aufgabe sollte sein, unterschiedliche Welten wie Schule, Netzgesellschaft, aber auch Religion und Ethik zu verbinden, um gemeinsam das Gesellschaftsthema der Technik und des Programmierens aufzuarbeiten.

Minna Saariketo promoviert derzeit zum Thema Critical Technology Education. Sie kritisierte, dass Programmieren und Technik in der EU als Schulfächer nur dann erwünscht seien, wenn sie ökonomischen Erfolg versprechen. Gerade dabei werde jedoch vergessen, dass der fähige Umgang mit Technik die Frage der gesellschaftlichen Inklusion berührt. Critical Technology Education soll eben nicht nur die Anwendung von Technik vermitteln, sondern vielmehr den kritischen Blick dafür schärfen. Denn es geht darum, den alltäglichen Status von Technik zu hinterfragen und uns mittlerweile Selbstverständliches zu durchbrechen.

Kinder kommen selbst zu Wort: Lara, Emily und Niclas von FragFINN, einer Suchmaschine für Kinder, zeigten live, wie sie im Internet suchen und beantworteten den begeisterten Erwachsenen zahlreiche Fragen. Foto-Credit: re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0)

Auf Stage 1 sprach Michelle Thorne (Mozilla Foundation) über Online-Alphabetisierung und Schritt von Konsum, zu Kreation bis hin zur Partizipation am Beispiel Wikipedia. Lange vor ihrer Zeit bei Mozilla gelangte sie im frühen Web zu der Erkenntnis, dass sie selbst in diesem Internet tätig und Teil der Gemeinschaft werden sollte – eine Erkenntnis, die ihren weiteren Weg veränderte. Im heutigen, von mobilen Geräten geprägten Netz sieht sie die Chance der Eigenbeteiligung des Nutzers verschwinden. Gerade kostenlose, das Internet dominierende Dienste wie Facebook würden die Möglichkeit der Selbsttätigkeit verhindern. Eine Lösung sieht Thorne im partizipativen Lernen mit dem Ziel, die Gestaltung des Internets wieder in die Hände aller zu geben.

Ein besonderes Highlight lieferte Markos Lemma, der das Global Literacy Project aus Äthiopien vorstellte, das Kindern das Lesenlernen mit Hilfe von Technik vereinfachen soll. Ohne weitere Erklärung wurden Kindern Tablets gegeben, auf denen verschiedenste Apps installiert waren. Der schnellste fand nach vier Minuten den Anschaltknopf und innerhalb von einer Woche beherrschten die Kinder den grundlegenden Umgang mit dem Gerät. Das Projekt hat gezeigt: Die Beschäftigung mit dem Gerät allein reicht aus, damit Kinder lernen. Langfristig besteht die Hoffnung, dass Kinder sich selbst das Lesen beibringen – auch ohne LehrerIn. Weltweit gibt es derzeit 198 Projekte in 40 Ländern, die das Problem des Analphabetismus durch Technik zu bekämpfen versuchen. Eine der größten Herausforderungen ist jedoch besonders auch bei diesem Projekt der zum Aufladen des Tablets notwendige Strom.

Carline und Ilse Mohr beweisen wie Generationen gemeinsam im Netz unterwegs sein können; Foto-Credit: re:publica/Gregor Fischer (CC BY-SA 2.0)

Abschließend performten Ilse und Carline Mohr ein generationenübergreifendes Twitter-Pingpong und zeigten, wie eine Familie mit Geduld und Humor auf Social-Media-Kanälen unterwegs sein kann. Wenn die Mutter plötzlich mit dem Twittern anfängt, kann das peinlich sein (sie hat die Kinderfotos!), beweist aber auch, dass das Alter im Netz keine Rolle spielen muss. Ilse und Carline Mohr wünschen sich für jeden älteren "Offliner" einen jüngeren "Onliner" als Paten/Patin. Carline freute besonders, dass die gemeinsame Session nicht von ihr, sondern von ihrer Mutter eingereicht wurde.

Kuratiert wurde der Track re:learn zum wiederholten Mal gemeinsam mit Jöran Muuß-Merholz, der mit einem satirischen Rückblick auf die Jahre 2015 bis 2025 den Track eröffnete. Der Weg zur Totalüberwachung im Bildungssystem brachte viele zum Lachen und ließ dennoch nicht vergessen, dass er leicht zum bitteren Ernst werden kann und sollte definitiv als Warnsignal für Gesellschaft und Politik verstanden werden.

Bildnachweis ganz oben: re:publica/Jan Zappner (CC BY-SA 2.0)

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